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Von Tom Flanagan | 5. November 2024
Wer Anfang der 90er Jahre seltene Uhren sammelte, fand sie meist nur in Pfandhäusern oder bei Uhrenhändlern. Ähnlich verhielt es sich mit Schmuck oder Glaswaren – auch hier musste man zahlreiche Händler abklappern, um das Stück zu finden, das man unbedingt haben wollte. Doch dann kam das Internet und veränderte alles.
Durch die riesige Auswahl an Plattformen, die auch die ausgefallensten Interessen bedienen, hat das Internet das Sammeln zugänglicher denn je gemacht. Seltene Sammelkarten, Barbiepuppen, Vintage-Computer und Konsolen sind nicht mehr nur in versteckten Ecken von Fachgeschäften oder auf Messen zu finden – sie sind jetzt auch auf Online-Marktplätzen, in Auktionshäusern und Community-Foren präsent. Noch erstaunlicher ist, dass Sammlerstücke dieser Art inzwischen so begehrt sind wie nie zuvor.
Laut einem neuen Bericht von Catawiki und Hypebeast, einer führenden Online-Publikation für zeitgenössische Kultur, hat das Internet das Sammeln grundlegend verändert und seine Beliebtheit in nie dagewesene Höhen katapultiert. Eine Umfrage unter 4.500 Menschen aller Altersgruppen aus fünf großen westeuropäischen Ländern (Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien und den Niederlanden), die sich für das Sammeln interessieren, ergab, dass fast die Hälfte der Erwachsenen aktiv sammelt und viele (30 %) planen, in den kommenden Jahren mehr für das Sammeln auszugeben – durchschnittlich etwa 1.500 € jährlich.
Nowstalgia
Die Wahrnehmung, dass Sammeln eine Nischenaktivität ist, hält sich schon lange, doch die aktuellen Zahlen widerlegen das. Nostalgie, insbesondere für die 1970er und 1980er Jahre, ist laut Toby Wickwire, einem Catawiki-Experten für Computer und Videospiele, einer der wichtigsten Impulsgeber für diese Sammelwelle. „Sammeln war schon immer nostalgisch, doch was Menschen als sammelwürdig und nostalgisch empfinden, verändert sich“, erklärt Wickwire, dessen Begeisterung für das Sammeln durch die familiäre Leidenschaft für Modelleisenbahnen entfacht wurde, als er noch klein war.
„Die Zeitspanne für Nostalgie verkürzt sich, und Dinge werden viel schneller als ‚retro“ klassifiziert. Früher dauerte es 20 Jahre, bis etwas als nostalgisch betrachtet wurde, heute sind es nur noch zehn. Das erste iPhone und der iPod werden bereits als Retro- und Sammlerobjekte betrachtet. Dafür existiert sogar ein Begriff: Nowstalgia.“
Laut Cecilia Vicini Ronchetti, Catawiki-Expertin für Puppen und Teddybären, haben die rasanten technologischen Fortschritte diesen Wandel mitverursacht – während das Internet den Zugang zu Sammlerstücken und Raritäten demokratisiert, verstärkt es zugleich die Nostalgie der Sammler nach analogen Objekten.
„Nostalgie ist insgesamt gesehen der wichtigste Beweggrund für das Sammeln, wobei die Vorstellung von Nostalgie eng mit dem Greifbaren und Analogen verbunden ist“, so Vicini Ronchetti „Das Analoge an sich wird als nostalgisch wahrgenommen und mit einer gewissen Romantik assoziiert, die zunehmend gefragt ist.“ Gerade in Sammelbereichen wie Retro-Spielzeugen – von Modelleisenbahnen bis hin zu Sammelkarten und Puppen – findet sich eine physische Manifestation einer romantisch verklärten Vergangenheit. Den Ergebnissen des Berichts zufolge gehören in Italien, Frankreich und Belgien das kulturelle Erbe, die Wertschätzung von Schönheit und das Bewahren der Vergangenheit zu den wichtigsten Beweggründen für Menschen mit Sammelleidenschaft.
Zugehörigkeitsgefühl und Community
Abgesehen von der Nostalgie spielt auch der soziale Aspekt des Sammelns eine zunehmend wichtige Rolle. Laut Vicini Ronchetti wird dieser Aspekt des Sammelns umso offensichtlicher, je stärker die Technologie in unseren Alltag vordringt. „Menschen, die sammeln, haben immer ein Thema, über das sie sich unterhalten können, und es gibt immer etwas, worüber man sich austauschen kann“, unterstreicht sie. „Ich habe auf einer Messe einen Restaurator alter Barbies kennengelernt, der den Messestand gemeinsam mit seinen Großeltern betrieb. Es war eine echte, generationenübergreifende Leidenschaft und Verbundenheit spürbar.“
Die soziale Komponente des Sammelns ist der Hauptgrund, warum es immer mehr Sammler aus der Generation gibt – sie sehen darin eine Möglichkeit, an etwas Größerem teilzuhaben. Mit dem Aufkommen von Online-Communitys und Fandoms entsteht ein größeres Gefühl der Zugehörigkeit, das weit über den Austausch mit Familie und Freunden hinausgeht. Sammler haben sich mittlerweile auch als soziale Influencer etabliert; etwa 20 % aller Sammler folgen einem Influencer aus ihrem Sammelgebiet. Das hat dazu geführt, dass das Sammeln nicht mehr als ein Hobby wahrgenommen wird, das von isolierten Einzelpersonen verfolgt wird, sondern zunehmend als eine soziale Aktivität mit sehr viel Austausch und Gemeinschaftsgefühl.
„Im Vergleich zu früher“, bemerkt Vicini Ronchetti, „als das Sammeln in manchen Bereichen als etwas seltsam galt, wandelt sich nun auch diese Wahrnehmung.“ Sogar in den exotischsten Bereichen, in denen Sammler sich darüber im Klaren sind, dass ihr Hobby eigenartig wirkt, kümmert sie dieser Aspekt heute weniger, weil sie Gleichgesinnte gefunden haben. „Ein gutes Beispiel dafür ist der riesige Markt für sogenannte ‚Reborn-Puppen‘, also lebensechte Babypuppen. Viele Enthusiasten gehen sogar so weit, dass sie diese Puppen im Kinderwagen zu Sammlerevents bringen. Dank des Internets fühlen sich Sammler wie diese nicht mehr so allein.“
Der Wiederverkauf ist ein wichtiger Trend
Durch diesen Zugang und die gestiegene Sichtbarkeit hat sich eine neue Investitionsform entwickelt: der Wiederverkauf. Laut Wickwire hängen Sammelgewohnheiten ebenso sehr mit dem Investieren und dem Wiederverkauf zusammen wie mit nostalgischen Gefühlen. „Wer vor 20 Jahren gesammelt hat, musste auf Messen oder Veranstaltungen gehen, um das gewünschte Objekt zu finden“, meint Wickwire. „Heutzutage kann man das bequem von zu Hause aus erledigen. Das bedeutet, dass Kaufen und Verkaufen einfacher geworden ist – und damit auch das Geldverdienen.“
Auch die Zahlen im Bericht deuten darauf hin, dass dies zutrifft. Der Wiederverkauf wird wohl zu einem der wichtigsten Trends in der Sammlerwelt. 40 % der Sammler gehen davon aus, dass sie in Zukunft mehr Objekte wiederverkaufen werden als bisher. Vor allem in Deutschland ist der Wiederverkauf sehr beliebt: Hier liegt die Wahrscheinlichkeit für einen Wiederverkauf bei 41 % im Gegensatz zum Durchschnitt von 26 %.
„Dies liegt zum einen an Deutschlands rascher digitaler Entwicklung und der Akzeptanz neuer Technologien und zum anderen an seinem Ruf als Land mit einer starken Produktionstradition, insbesondere im Bereich Spielzeug und Spiele“, erläutert Vicini Ronchetti. „Deutschland hat eine langjährige Tradition in der Spielzeugproduktion, insbesondere bei älteren Klassikern wie den Steiff-Teddybären. Daher gibt es in Deutschland einen großen Markt für hochwertiges Spielzeug, und viele Sammler sehen darin eine Möglichkeit, durch Wiederverkauf Gewinne zu erzielen.“
Viele Gründe zum Sammeln
Die Auswirkungen des Wiederverkaufsmarkts auf die Sammlerwelt werden unter Sammlern kontrovers diskutiert. Während die einen der Auffassung sind, dass der verstärkte Investitionsaspekt beim Sammeln die Nostalgie zerstört, sind die anderen pragmatischer und betrachten ihn als einen Teil des Hobbys, der ihm mehr Gewicht und Anerkennung bringt. Wickwire tendiert nach eigener Aussage eher zur letzteren Gruppe.
„Betrachten wir es am Beispiel von Videospielen“, sagt er. „Einige sind der Ansicht, dass die Kommerzialisierung – etwa die professionelle Bewertung von Spielen durch Grading-Firmen als ‚sammelwürdig‘ – Objekten einen Kultstatus zuschreibt, den sie eigentlich nicht haben sollten. Denn Objekte werden dabei nur auf ihren Zustand reduziert. Auch wenn dies zutreffen mag, ist es doch ein Spiegelbild des Marktes und der jüngeren Generation, die eher daran interessiert ist, Produkte zu kaufen, um sie rasch wiederzuverkaufen und Profit zu machen.“
Mit dem anhaltenden Wachstum des Wiederverkaufsmarkts werden auch einzelne Märkte und Marken weiter an Bedeutung gewinnen. Vintage-Technik – etwa frühe Nintendo-Konsolen und iPhones – wird wahrscheinlich noch begehrter, während Marken wie Barbie bereits unter Beweis gestellt haben, wie beständig sie sind. Mit zunehmendem Umfang des Sammelns wird voraussichtlich auch die Technologie zur Zustandsprüfung von Sammlerobjekten eine wichtige Rolle spielen. „Obwohl es aufgrund der rasanten Entwicklungen auf dem Markt kaum möglich ist, vorherzusagen, was in Zukunft beliebt sein wird, ist eines klar: Die Menschen werden immer Gründe haben, zu sammeln“, betont Wickwire. „Obwohl sich meine Sammelleidenschaft und meine Interessen von Videospielen, mit denen ich meine berufliche Tätigkeit begonnen habe, inzwischen verlagert und erweitert haben, glaube ich doch, dass die ‚Gotta catch ’em all‘-Mentalität sowohl mir als auch anderen Sammlern in Fleisch und Blut übergegangen ist.“