Nr 93007283
Kaiser Ferdinand II im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation - Gesetzbuch: Deutsche Handschrift aus dem 30-jährigen Krieg. Verneuertes Landrecht für Mähren - 1628
Nr 93007283
Kaiser Ferdinand II im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation - Gesetzbuch: Deutsche Handschrift aus dem 30-jährigen Krieg. Verneuertes Landrecht für Mähren - 1628
Kaiser Ferdinand II im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation - Gesetzbuch: Deutsche Handschrift aus dem 30-jährigen Krieg. Verneuertes Landrecht für Mähren (Tschechien) - ca. 1628.
MÄHREN – "DER RÖM. KAY. AUCH ZU HUNGARN UND BOHAIMB KÖNIGL. MAY. FERDINANDI II. VERNEIVERTE LANDES ORDNUNG deroselben Erb Marggraffthumb Mähren".
Deutsche Handschrift auf Papier. Wohl Wien, 1628 oder wenig später. Folio, ca. 32,5 x 20,5 cm. Mit kalligraphiertem Titel mit Kopf- und Schlußzierstück sowie großer Schreibmeisterinitiale in Rot und Blau und kalligraphierten Überschriften. 5 nummerierte, 255 (recte 254) numerierte, 5 numerierte Blätter.
Beschädigter Ledereinband der Zeit über Holzdeckeln. Die Deckel teils lose am Ende der Handschrift etwas Papierdefekte. Insgesamt aber sauberes leicht gebräuntes Papier. Schrift von professioneller Hand.
Zum geschichtlichen Hintergrund des erneuerten Landrechtes:
1618 erhoben sich die protestantischen böhmischen Stände mit dem 2. Prager Fenstersturz gegen ihren katholischen König Ferdinand II. Der Ständeaufstand scheiterte mit dem Sieg Ferdinands II. in der Schlacht am Weißen Berg am 8. November 1620. Böhmen wurde daraufhin militärisch besetzt und alle Privilegien und politischen Rechte der Stände aufgehoben.
In den nachfolgenden Jahren blieb Böhmen weiterhin wie ein feindliches Land von den kaiserlichen Truppen besetzt und es gab keine gesetzmäßige Ordnung. Ferdinand setzte seinen Wünschen entsprechend, ohne ständische Mitwirkung, Kommissionen ein, die eine neue Verfassung für das Königreich Böhmen ausarbeiten sollten. Die kaiserlichen Ratgeber Wilhelm Slavata, bekannt als ein Opfer des Prager Fenstersturzes, und der schlesische Adelige Otto von Nostitz haben nach einem zeitgenössischen Ausspruch an dieser neuen Verfassung „am meisten gehämmert“.
Am 10. Mai 1627 verlieh Kaiser Ferdinand II. dem Entwurf einer sogenannten „Verneuerten Landesordnung“, der aus diesen Arbeiten hervorgegangen war, durch seine Unterschrift Gesetzeskraft. Ausschließlich aus fürstlichem Gebot heraus, ohne die sonst übliche ständische Zustimmung, wurde in Böhmen mithin neues Recht gesetzt.
Der Zustand ohne gesetzmäßige Ordnung war damit beendet. In der Markgrafschaft Mähren trat im folgenden Jahr ein ähnliches Grundgesetz in Kraft. Die Siege der Generäle Wallenstein und Tilly boten im Frühjahr 1627 einen geeigneten Moment für das Oktroi der Verneuerten Landesordnung.
Die Verneuerte Landesordnung ebnete den Weg für die planmäßige und nicht selten gewaltsame Rekatholisierung Böhmens. Inwieweit mit dem Dokument der Grundstein für den habsburgischen Absolutismus in Böhmen gelegt wurde, ist umstritten, da Historiker in jüngerer Zeit den Begriff des Absolutismus im Allgemeinen anzweifeln.
Eine weitere Folge war, dass die katholische Gegenreformation mit voller Härte einsetzte. Unter Verwendung teilweise brutaler Mittel wurden Nichtkatholiken – und das war die überwältigende Mehrheit der Bewohner des Landes – eingeschüchtert, verfolgt und verdrängt. Es kam zu einem enormen Bevölkerungsverlust, denn an die 150.000 Menschen verließen das Land, was einen ökonomischen und kulturellen Aderlass bedeutete. Die mit den Maßnahmen Ferdinands verbundene Schwächung des tschechischen Charakters des Landes hatte zur Folge, dass im 19. Jahrhundert, in der Zeit der „Wiedergeburt“ (České národní obrození), der tschechischen Nationswerdung, diese Epoche einseitig als „Temno“, also als Periode der Düsternis, negativ besetzt wurde. Die Geschehnisse nach 1620 bildeten den wichtigsten Referenzpunkt für antihabsburgische, antikatholische und antideutsche Tendenzen in der tschechischen nationalistischen Agitation.
#C112
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